Es war einmal ein Soldat in Japan, der kam auf der Wanderschaft an einen großen See. Als er die Brücke am See überqueren wollte, sah er eine große Schlange die aufgerollt auf der Brücke auf der Lauer lag.
“Vor so einer Schlage habe ich keine Angst, die soll mich nicht aufhalten!” sagte der Soldat und wollte ihr einen Tritt verpassen.
Doch kaum hatte sein Fuß die Schlange berührt, stand plötzlich ein Zwerg vor ihm und verneigte sich tief, so daß seine Mütze fast den Boden berührte.
“Endlich habe ich einen gefunden, der kein Feigling ist!” rief der Zwerg. “Tagein, tagaus warte ich auf dieser Brücke auf einen Tapferen der keine Angst hat, doch jeder der vorbeikam, lief vor der Schlange davon, und keiner traute sich auf die Brücke! Doch Du bist tapfer, willst Du mir einen Gefallen tun und viele Leben retten? Es soll dein Schaden nicht sein.”
Der Soldat antwortete: “Ich bin ein Soldat des Kaisers, und es ist meine Aufgabe Leben zu retten. Sag mir was dich bedrückt, und ich werde sehen ob ich dir helfen kann.”
“Im Wald auf dem Berg lebt ein furchtbarer Tausendfüssler,” sagte der Zwerg, “Er kommt jeden Tag zum See hinunter um vom Wasser zu trinken. Dabei streckt er seine giftigen Füsse in den See und das Wasser wird faul und schmutzig und vergiftet die Fische. Ich bin der König des Sees und suche jemanden der meine Fische rettet.”
“Ich weiß nicht ob ich dir helfen kann,” sagte der Soldat, “aber ich will mit dir gehen und es versuchen.”
Der Zwerg nahm den Soldaten mit auf den Grund des Sees. Dort stand ein Schloß aus Korallen und Perlen. Die Diener waren Krebse und Sonnenfische, die ihnen Reis, Früchte und Tee auf kleinen grünen Blättern servierten. Der Tee sah aus wie Wasser, und der Reis sah aus wie Gischt, doch beides schmeckte dem Soldaten gut. Als sie gerade aufgegessen hatten, ertönte ein Rumpeln und Donnern, und der Boden bebte als würde ein Berg zerschlagen.
“Da ist er wieder!” rief der Zwerg, “Das ist der Tausendfüssler, der mit seinen tausend Füssen die Felsen am Ufer zermalmt! Wir müssen uns beeilen, sonst streckt er seine giftigen Füße wieder in den See und vergiftet meine Fische!”
Sie rannten zum Ufer des Sees, und tatsächlich kam ein fürchterliches Ungeheuer den Berg herunter. Es hatte tausend Füsse, die rot, grün und golden schillerten.
Der Soldat zückte seinen Bogen und legte einen Pfeil an. Er schoss auf das Ungeheuer, doch der Pfeil prallte an den Schuppen des Tausendfüsslers ab.
Er legte einen zweiten Pfeil an und schoss abermals, doch wieder prallte der Pfeil an den Schuppen ab.
Da fiel ihm ein daß sein Großvater ihm einmal geraten hatte, auf die Pfeilspitze zu spucken wenn er ein Ungeheuer treffen wollte.
“Was soll’s, schaden kann es nicht.” dachte sich der Soldat, und spuckte auf die Pfeilspitze seines dritten und letzten Pfeils. Er schoss abermals auf den Tausendfüssler, und diesmal traf er ihn in die Stirn. Das Ungeheuer fiel um und war mausetot.
Kaum war die Tat vollbracht, fand sich der Soldat plötzlich in seinem Haus wieder. Vor ihm auf dem Tisch standen fünf Geschenke und ein Zettel, auf dem Stand “Tausend Dank vom Zwergenkönig unter dem See!”
Das erste Geschenk war eine bronzene Glocke, auf der außen die Geschichte des Tausendfüsslers abgebildet war.
Das zweite Geschenk war ein Schwert, das seinem Träger immer zum Sieg verhalf.
Das dritte Geschenk war eine Rüstung, die seinen Träger unverwundbar machte.
Das vierte Geschenk war ein Ballen Seide, der immer die Farbe hatte, die man gerade wollte, und der nicht weniger wurde, soviel man auch davon nähte.
Das fünfte Geschenk war ein Sack Reis, der nie leer wurde, so viel man auch davon aß.
Der Soldat teilte den Reis mit allen seinen Freunden und Nachbarn. Und weil der Reissack nie leer wurde, soviel er auch davon verschenkte, nannten ihn die Leute fortan Graf Reissack.